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Energiewende: Historische Chance für Nordostbayern

Veröffentlicht am 23.08.2012 in Presse

Die Arbeitsgemeinschaft „Energiewende Nordostbayern" hat bereits im Herbst 2010 damit begonnen, die strukturpolitischen Chancen einer flächendeckenden Energiewende in Oberfranken und der Oberpfalz zu untersuchen. Heimische Biomasse statt Heizöl aus Nordafrika, Abwärme aus Biogosanlagen statt Erdgas aus Russland, eigener Windstrom statt unberechenbarer Atomkraft - das brächte nicht nur den Klimaschutz voran, sondern auch die regionale Wertschöpfung. Der wirtschaftliche Impuls wäre enorm, meinen die Forscher. Nun präsentieren sie eine Konzeptstudie, wie im Nordosten Bayerns der Aufschwung durch die Energrewende gelingen könnte.

So groß die Euphorie im ersten Jahr nach Fukushima allerorten war, so groß scheint inzwischen die Ernüchterung, Wenn heute in Deutschland über die Energiewende diskutiert wird, dann geht es meist nur noch um Hürden und Widerstände, um Belastungen und Kosten. Dass die Chancen dabei nicht vollends aus dem Blick geraten, hat sich die Arbeitsgemeinschaft „Energiewende Nordostbayern" zum Ziel gesetzt. Der Zusammenschluß von Forschern und Energieexperten von Universität Bayreuth, Hochschule Amberg-Weiden und Energieagentur Nordbayern in Kulmbach durchleuchtet seit eineinhalb Jahren, was eine solche Energiewende in einer strukturschwachen Region wirtschaftlich bewegen könnte. Der Anstoß dazu kam von der Landtagsabgeordneten Annette Karl aus Neustadt an der Waldnaab, die bereits 2010 angeregt hatte, den Umstieg auf erneuerbare Energie einmal unter ökonomischen Gesichtspunkten zu betrachten.
Die Konzeptstudie, die die Arbeitsgemeinschaft nun vorgelegt hat, beschreibt einen Weg zur Umsetzung dieser Wende und offenbart das Potenzial der Region. Die beiden untersuchten nordostbayerischen Planungsregionen Oberfranken-Ost und Nördliche Oberpfalz könnten demnach ihren eigenen Energiebedarf zu weiten Teilen aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind, Wasser und Biomasse decken. Die Potenziale für Stromerzeugung sind sogar so groß, dass deutlich mehr produziert werden könnte, als die Region benötigt. Dabei spielt die Windkraft, für die im Nordosten Bayerns beste Bedingungen herrschen, eine tragende Rolle. Ihrer Annahme zugrunde gelegt haben die Forscher aber nicht nur den Ausbau erneuerbarer Energie, sondern auch das Erreichen ehrgeiziger Einsparziele, ein Aspekt, der in der aktuellen Diskussion oft vernachlässigt wird. So könnte nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft der Bedarf an Heizenergie bis zum Jahr 2030 um mehr als 40 Prozent gesenkt werden.

Wertschöpfungspotenzial: 300-500 Millionen Euro jährlich
Dass eine solche Energiewende Kosten verursacht, wollen die Experten nicht bestreiten.
Wenn Gebäude gedämmt, Heizungen erneuert, alternative Energien und Stromnetze ausgebaut werden sollen, sind Investitionen in erheblichem Umfang nötig. Wer daraus aber den Schluss zieht, die Energiewende sei nicht bezahlbar, denkt zu kurzfristig, denn schon auf mittlere Sicht überwiegen die wirtschaftlichen Vorteile. Gelingt der Umstieg auf erneuerbare Energie, fließt kaum noch Geld für den Einkauf fossiler Energieträger ins Ausland ab, sondern verbleibt dauerhaft in der Region. Insgesamt schätzt die Arbeitsgemeinschaft die mögliche Wertschöpfung durch erneuerbare Energie in den beiden Planungsregionen auf 300 bis 500 Millionen Euro jährlich. Somit hätte eine konsequent umgesetzte Energiewende das Zeug dazu, dem Nordosten Bayerns einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung zu bescheren.
Damit dies gelingt, muss sich in Oberfranken und der Oberpfalz aber noch eine ganze Menge bewegen. Für die Kommunen gilt es, die Energiewende selbst aktiv zu gestalten und die Energieversorgung wieder als Teil der Daseinsvorsorge und damit als eigene Aufgabe zu begreifen. Zur Optimierung der Wertschöpfung ist es außerdem wichtig, dass nicht nur Anlagen in der Region errichtet, sondern auch mit Kapital aus der Region betrieben werden. Anlagen in Bürgerhand stellen deshalb nach Ansicht der Forscher im Zusammenspiel mit kommunalen Erzeugungsanlagen die beste Lösung dar. Dies steigert auch die Akzeptanz für den Ausbau erneuerbarer Energie ganz allgemein. Schließlich kommt es darauf an, die in der Region erzeugte Energie auch direkt an Abnehmer aus der Region zu verkaufen und so regionale Wirtschaftkreisläufe zu schaffen. Hierfür müssen geeignete Modelle entwickelt werden.
Chancen nutzen: Energiewende so gestalten, dass die Region profitiert
Gerade im Hinblick auf die derzeitige Diskussion über die Kosten und die technischen Hürden der Energiewende rät die Arbeitsgemeinschaft dazu, neben die ökologischen Aspekten auch die wirtschaftlichen Chancen nicht aus dem Blick zu verlieren. Insbesondere der ländliche Raum kann von der Neustrukturierung der Energieversorgung über Gebühr profitieren. Gemessen an Entwicklungspotenzialen in anderen Bereichen ist es nach Ansicht der Experten nicht übertrieben, von einer historischen Chance für Nordostbayern zu sprechen.
Die vorliegende Studie spricht sich deshalb klar für ein stärkeres regionales und kommunales Engagement bei der Umsetzung der Energiewende aus. Die oftmals beklagte mangelnde Steuerung durch Bund oder Freistaat eröffnet den Kommunen, Landkreisen und Bezirken durchaus einen Handlungsspielraum. Ziel muss es sein, den Umstieg auf erneuerbare Energie so zu gestalten, dass die Region davon optimal profitiert.

(Quelle: ARGE "Energiewende Nordostbayern", 23. August 2012)

 

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