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AOK-Experten im Dialog mit MdL Annette Karl zur Gesundheitsreform – Auch Einzelfälle diskutiert

Veröffentlicht am 25.06.2009 in Gesundheit

Besuch in der AOK-Geschäftsstelle Tirschenreuth

Da waren sich die Experten einig: „Die Gesundheitsreform darf nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden.“ AOK-Beiratsvorsitzender Franz Häring, sein Kollege Christian Dietl und Direktor Hans Ott diskutierten mit MdL Annette Karl das aktuelle Gesundheitssystem.

In der Bewertung der jüngsten gesetzlichen Reformmaßnahmen waren sich die Gesprächsteilnehmer einig: „In der Tat kann sich manches von dem, was die Große Koalition angepackt hat, sehen lassen.“ Aus Sicht der AOK war das in erster Linie der Risikostrukturausgleich, der sich am tatsächlichen Krankheitsgeschehen orientiert und das Geld in der gesetzlichen Krankenversicherung dahin lenkt, wo es am nötigsten gebraucht wird – zu den Patienten. Auf der Habenseite der jüngsten Reformen stehen zudem beispielsweise ein verlässlicher Rechtsrahmen für Arzneimittel-Rabattverträge und mehr Qualitätssicherung für Pflegebedürftige. „Manches ist über die Jahre aber dennoch Reform-Baustelle geblieben.“ Über die langfristigen Finanzierungsgrundlagen von Kranken- und Pflegeversicherung wurde in der hohen Politik debattiert, aber nicht nachhaltig entschieden, so bilanzierten die Fachleute. Die finanzielle Ausstattung der Krankenkassen gerate durch den Gesundheitsfonds tendenziell in die staatliche Abhängigkeit. Aufgrund konjunkturbedingter Beitragsausfälle durch die Finanz- bzw. Wirtschaftskrise erhielten die Kassen 2009 einen Kredit von 2,9 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt, der 2011 zurückgezahlt werden soll. „Von wem wohl?“ Direktor Ott forderte: „Was zur Stabilisierung der Banken mit staatlicher Hilfe möglich war, sollte erst recht für die Investition in die Gesundheit gelten und deshalb müsste der Staatskredit in einen Zuschuss umgewandelt werden“. Hochwertige Versorgung brauche freie und individuelle Handlungsmöglichkeiten der Kassen und Leistungsanbieter. Die AOK positioniere sich klar für mehr Qualität und Effizienz in der Versorgung. Neben strukturellen Veränderungen müssten z.B. Kosten- Nutzen-Bewertungen bei neuen Arzneimitteln vor Eintritt in den Markt weiterentwickelt und konsequent umgesetzt sowie die Mehrwertsteuer für Arzneimittel reduziert werden. Mündige Versicherte und Patienten müssten viel mehr als bisher mitreden und mitentscheiden können, wenn es um ihre Gesundheit gehe. „Sie brauchen qualitätsgesicherte, laienverständliche und von wirtschaftlichen Interessen unabhängige Informationen zum Krankheitsgeschehen, zu Diagnostik und Therapie, um sich aktiv in Therapieentscheidungen einbringen zu können und damit auch ihre Therapiemotivation zu verbessern.“ Die von Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, vorgeschlagene Priorisierung von Leistungen durch einen "Gesundheitsrat" lehnten die AOK-Vertreter kategorisch ab. Vergleichbare Ansätze etwa in Schweden, Norwegen, Großbritannien und im US-Bundesstaat Oregon seien alle in der Praxis gescheitert. Auch sei die ungleiche Verteilung niedergelassener Ärzte – Überversorgung in Ballungszentren, Ärztebedarf auf dem Land – bislang nur unzureichend angegangen worden. Besonders für die von den AOK-Vertretern geschilderten Einzelfälle, bei denen Vertragsärzte in der Region Patienten ungerechtfertigterweise mit Privatliquidationen konfrontiert haben, hatte Annette Karl ein offenes Ohr. Sie will sich persönlich bei SStaatsminister Markus Söder dafür einsetzen, dass Abrechnungsstreitigkeiten nicht auf den Rücken der Patienten ausgetragen werden. Zum Bild: Von links: Franz Häring (AOK-Beiratsvorsitzender), Christian Dietl (stv. AOK-Beiratsvorsitzender), MdL Annette Karl, Hans Ott (AOK-Direktor)

 

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