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Annette Karl lud zum "Diskussionsabend Jagd" ein

Veröffentlicht am 04.10.2018 in Presse

Das Wildschwein ist vorsichtig. Hat eine Bache Junge, geht sie erst aus der Deckung, wenn sie sich sicher ist. Das macht die Jagd nicht einfacher. Je höher der Jagddruck, desto umsichtiger verhalten sich die cleveren Tiere.

Schwarzwild hat sich in den vergangenen Jahren explosionsartig vermehrt. Die Gründe: Der massive Anbau von Mais und Raps schafft für die Wildschweine ideale Lebensbedingungen. Zwischen hochgewachsenen Pflanzen sind sie kaum zu erkennen. Die Allesfresser durchwühlen den Boden nach Engerlingen, Insekten und Mäusen und verwüsten Felder und Wiesen nachhaltig.

Die Schäden von Obelix Lieblingstieren sind beträchtlich. Besonders kritisch ist aber die Anfälligkeit der Schwarzkittel für die Schweinepest - sowohl die europäische als auch die afrikanische. Beim Ausbruch der Seuche droht den betroffenen Landwirten die Keulung der gesamten Hausschweinbestände. Je größer die Wildschweinpopulation, desto größer das Risiko.

Der im Februar 2018 mit nur 40 Jahren verstorbene Biologe Hinrich Zoller von der Universität Rostock hatte für das besonders betroffene Agrarland Mecklenburg-Vorpommern Lösungen erarbeitet. Der bundesweit anerkannte Wissenschaftler und Jäger fing die Tiere, stattete sie mit GPS-Sender aus, um ihr Verhalten besser zu studieren. "Für Verwüstungen ist oft nur eine Rotte verantwortlich", erkannte er bei seinen Studien. "Wo kein Jagddruck da ist, machen sie sich breit." Das Ergebnis: Mit Zollers Hilfe brachten die Jäger die marodierende Rotte unter Kontrolle.

Schäden in Millionen-Höhe

Der bayerische Bauernverband (BBV) setzte sich unterdessen mit den Beschwerden seiner Mitglieder im Schongauer Land auseinander. "Die Ernteschäden gehen inzwischen in die Millionen", sagt Kreisobmann Wolfgang Scholz. Die nachtaktiven Tiere aufzuspüren, sei eine Frage der Vernetzung und Kommunikation. Wildbiologe Nils Hahn aus dem schwäbischen Gomadingen experimentierte deshalb in fünf Modellregionen mit revierüberschreitenden Jagden: "Man teilt sich Aufwand und Nutzen." Ein "Schwarzwildinformations-System" wird mit lokalen Daten bestückt. So können sich Jagdgenossen, Förster, Behördenvertreter, Jäger und Landwirte über eine gemeinsame Vorgehensweise verständigen.

Die Schwarzwildbekämpfung war auch Schwerpunkt eines "Diskussionsabends Jagd" in Altenstadt/WN. "Beim Thema Jagd schauen wir heute auf das Ökosystem Wald-Wild", erklärte Annette Karl, SPD-Landtagsabgeordnete. "Jagd hilft mit beim Erhalt der ausgewogenen Vielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt." Jäger seien aktiv im Kampf gegen Tierseuchen und hätten eine Schlüsselrolle beim natürlichen Waldumbau, sagte Horst Arnold, agrarpolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion.

Als Beirat bei den Staatsforsten hat der Fürther Jurist einen engen Draht zu Förstern und Jägern: "Es gibt einen evidenten Dissens zwischen der Landwirtschaft und den Jägern", bedauerte Arnold den Konflikt, der auch in Altenstadt teilweise aufflammt. "Die Bedrohung durch die afrikanische Schweinepest wurde zeitweise nicht richtig eingeschätzt", sagte er. Einigkeit herrsche, dass bei der Bekämpfung der Seuche alle Möglichkeiten genutzt werden müssten, die ethisch vertretbar seien: "Das Ansetzen auf eine trächtige Bache mit bis zu 16 Frischlingen widerspricht aber der Waidgerechtigkeit." Und es würden alleine in Bayern bereits jedes Jahr rund 80.000 Wildschweine erlegt. "Die Jäger tun, was sie können", findet der Politiker, "wir sollten aber die Nacht mit Nachtsichtgeräten nicht zum Tag machen."

Kein Interesse der Pächter

Die Folgen im Ernstfall sind dramatisch: "Wenn ein verseuchtes Wildschwein auftaucht, gilt in einem Umkreis von 10 Kilometern ein Wirtschafts- und Bejagungsverbot - alle Nutzschweine müssen gekeult werden." Zuletzt sei das in Tschechien geschehen, wo von November bis Januar 19 polizeiliche Scharfschützen für den Abschuss der Wildschweine eingesetzt wurden. "Das führt zum Stillstand der Agrarwirtschaft in diesem Bereich." In Russland seien bis zu 90.000 Schweine auf einmal gekeult worden. Ein Problem sei, dass Jagdpächter oft kein Interesse hätten, Schwarzwild zu jagen. "Man will der Jagdgesellschaft eine Freude machen", erklärt Arnold, "klar, dass da die Bauern unzufrieden sind." Bei den Staatsforsten müssten Förster zwar schießen, hätten aber eine hohe Arbeitsbelastung. "Wir fordern seit langem, die Pflichttrophäenschau wegfallen zu lassen, aber die CSU lehnt das ab."

Vor Ort habe man bereits Einigungen erzielt: "Die Jagdgenossenschaften und die Bauern reden auf örtlicher Ebene miteinander, wir setzen uns für Entschädigungen ein, aber viele Landwirte mögen keine langfristige Bindung und Kontrollen." So wären anders strukturierte Fruchtfolgen ein Mittel, es den Wildschweinen weniger kommod zu machen. Auch Daten über Routenverläufe der Wildschweine könnten helfen.

 

(Quelle: Onetz, Jürgen Herda, 3.10.2018)

 

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