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MdL Annette Karl: Sozialpolitik aus der Bayerischen Verfassung

Veröffentlicht am 30.08.2018 in Presse

SPD und der DGB führen der Staatsregierung das Grundgesetz des Freistaats vor Augen – Sozialdemokrat Hoegner als Vater der Rechtsbibel

„Bayern ist ein reiches Land“, sagt Annette Karl, „trotzdem gibt es Armut.“ DGB und SPD zeigen anhand der Bayerischen Verfassung, wie sie das ändern wollen: „Wirklich existenziell für Familien ist, wie man eine gerechte Steuerpolitik organisiert, anstatt sie für ihre Altersversorgung an die Börse zu schicken.“ Es sei beschämend, dass der Lohn, von dem Menschen leben müssten, höher besteuert sei als Kapitalerträge. Dass der Sozialdemokrat Wilhelm Hoegner, erster Nachkriegs-Ministerpräsident, als Vater des bayerischen Grundgesetzes gilt, passt ins Bild.

Artikel 3: Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land.

„Es kann nicht sein“, beklagt Karl, „dass ein junger Mann die Stelle bei BHS nicht annehmen kann, weil er in Pfrentsch wohnt und es dort keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt.“ Gelder sollten nicht nur in die Münchener Stammstrecke, sondern in Projekte wie Baxi fließen. Ferner denkt die Abgeordnete an eine Schulstandort-Garantie.

Artikel 106: Recht auf eine angemessene Wohnung.

Die Antwort auf diese Forderung laute „Bauen, bauen, bauen.“ Gleichzeitig will Karl, dass eine Kommune, die sozialen Wohnungsbau betreibt, die Chance bekommt, Konversionsgrundstücke zu fairen Preisen zu erwerben. „Das ist sozial sinnvoll und verhindert Flächenfraß.“

Artikel 139: Recht auf Erwachsenen- und Weiterbildung.

Man müsse Arbeitnehmer die Chance geben, sich zu qualifizieren, ohne vom Chef abhängig zu sein, fordert Karl. „Siemens-Chef Kaeser ist für bedingungsloses Grundeinkommen für alle, die wegen der Digitalisierung ihren Job verlieren“, wundert sie sich, „Arbeit ist aber mehr als nur Broterwerb, sie ist gesellschaftliche Teilhabe.“ Gewerkschafter Christian Dietl ergänzt: „Ich denke, es gehört beides zusammen, Qualifizierung und Persönlichkeitsbildung.“ Er sieht Bedarf an politischer Aufklärung im demokratischen Sinn: „Auch während der Arbeitszeit.“

 

Artikel 161: Die Steigerung des Bodenwertes für die Allgemeinheit nutzbar machen.

„Mit Blick nach München oder Regensburg, müssen wir über eine Besteuerung des fiktiven Wertes nachdenken“, sagt Karl. „Sonst bleiben Investoren auf den Grundstücken sitzen und befördern die Spekulation.“

Artikel 166: Schutz der Arbeit.

„Wir werden keinen am Rande liegen lassen und vorzeitig aufgeben“, erklärt Karl. Den Vorstoß von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Lohn-Coaching, sobald jemand sieben Jahre arbeitslos ist, hält sie für einen guten Anfang. „Wir müssen den Kindern den Wert von Arbeit vermitteln, um vererbte Probleme abzustellen.“ Arbeit müsse in die Lage versetzen, aus eigener Kraft den Lebensunterhalt zu bestreiten, fordert Dietl.

Artikel 167: Schutz der Arbeitskraft.

Ausbeutung, die Gesundheitsschäden nach sich zieht, ist als Körperverletzung strafbar. „Digitalisierung beinhaltet Chancen und Risiken“, findet die Wirtschaftsexpertin. Unabhängig von Ort und Zeit zu arbeiten, ermögliche es einem Papa, sein Kind von der Kita abzuholen. Die Festlegung einer Höchstarbeitszeit pro Woche sei positiv für einen Laptop-Arbeiter. „Aber für die Kellnerin, die bis zu 14 Stunden am Samstag schuftet, sieht das anders aus.“ Die Gewerkschafter befürchten einen generellen Angriff auf Nacht- und Wochenendzuschläge. „Wir brauchen eine Definition der Ruhezeit“, sagt Dietl.

 

Artikel 168 sieht einen angemessenen Arbeitslohn vor.

„Gleiche Bezahlung für gleiche Leistung betrifft Männer und Frauen, aber auch Festangestellte und Leiharbeiter. „In Frankreich bekommen Leiharbeiter einen Zuschlag, weil sie höhere Flexibilität zeigen müssen“, sagt Karl. „Wir müssen aufpassen, nicht wieder einen Arbeitseinstieg bei Flüchtlingen unter dem Mindestlohn durchzuwinken.“ Noch weitgehend unreguliert seien Internet-Börsen für Dienstleistungen: „Meine Schwester ist Kartografin“, sagt Karl, „früher wurde sie direkt von Polyglott bezahlt, heute müsste sie als Freelancerin mit einem Stundenlohn von 3,50 Euro rechnen – wir brauchen hier Regeln auf europäischer Ebene.“

Artikel 174: Recht auf Erholung.

„Ob Ruhezeiten im Schichtdienst oder das Diensthandy im Urlaub: Wir brauchen das Recht auf Unerreichbarkeit, sonst ist der psychologische Druck ständig da“, fordert Karl.

Artikel 175: Betriebliche Mitbestimmung.

„Wir haben da Probleme in allen Betriebsgrößen“, erzählt DGB-Vertreter Dietl, „der Tarifreport zeigt, dass der Betriebsrat generell rückläufig ist – und die Verhinderung von Betriebsratsarbeit wird leider als Kavaliersdelikt behandelt.“

(Quelle Onetz vom 29.08.2018, jrh)

 

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