SPD Unterbezirk

Weiden-Neustadt-Tirschenreuth

"Haben unsere Ärzte noch eine Zukunft auf dem Land"

Veröffentlicht am 29.03.2012 in Ortsverein

Bis auf den letzten Platz war das Neusorger Pfarrheim bei der Infoveranstaltung der Neu-sorger Sozialdemokraten mit dem Thema, „Haben unsere Ärzte noch eine Zukunft auf dem Land – welche Auswirkungen hat dies für den Patienten“ besetzt. Ortsvorsitzender Robert König konnte hierzu eine Vielzahl von Ehrengäste, darunter die drei Neusorger Ärzte Dr. Rolf Bollig und Engelhardt Happel, Dr. Karl Lang und den Apotheker Roland Jäger willkommen heißen.

Auf dem Podium hatten unter anderen MdL Sabine Dittmar, Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit, MdL Annette Karl, MdL Tobias Reiß, Dr. Hans Peter Hubmann, Vorsitzender des bayerischen Apothekenverbandes, Dr. Maria- Luise Vogel, Vorstandsbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und Vertreterin des Hausärzteverbandes und Neusorgs Bürgermeister Peter König Platz genommen. Ortsvorsitzender Robert König ging auf die Situation der Schließung von Arztpraxen im ländlichen Raum ein. Er machte deutlich, dass dieses Thema parteiübergreifend behandelt werden muss. Hierzu soll diese Infoveranstaltung beitragen. Robert König machte deutlich, dass an diesem Abend, mit Sicherheit keine schnelle Lösung gefunden wird, wir aber deutlich ein Zeichen setzen wollen.

Bürgermeister Peter König brachte zum Ausdruck, dass dieses Problem – die medizinische Nahversorgung nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf. Die vielen Querelen zwischen Kassenärztlichen Vereinigung, Hausärzteverband und Krankenkassen dürfen nicht dazu führen, dass die Patienten, als hilfsbedürftige Menschen leiden müssen, machte das Gemeindeoberhaupt deutlich. Die Schuldzuweisungen werden hin- und hergeschoben und keine Institution nimmt sich dieses Problem an. Und wir, als Verwaltungsgemeinschaft Neusorg, befinden uns mitten drin, stellte der Rathauschef fest. Die Hausärzte in unserer Nachbargemeinde Brand und in der Gemeinde Krummennaab haben bereits ihre Praxen geschlossen. Dieses muss un-ter allen Umständen in unserer Heimatgemeinde verhindert werden. Wir fordern unseren Gesetzgeber hiermit auf, eine für alle Beteiligten eine allgemein verträgliche Lösung auszuarbeiten, forderte Bürgermeister Peter König.

MdL Sabine Dittmar, Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit, eröffnete mit ihren Beitrag die Podiumsdiskussion. Die Behauptungen der Krankenkassen, es seien zu viele Ärzte auf dem Markt, sind teilweise richtig, diese treffe aber nicht im ländlichen Land zu. Bayernweit sind derzeit 7.500 Hausärzte zu verzeichnen. Diese Anzahl von Hausärzten wird sich in den nächsten zehn Jahren halbieren, prognostizierte die Sprecherin. Das heißt, wird müssen zirka 4.000 Ärzte dazu bringen, eine Arztpraxis zu führen, damit der „Status Quo“ halten bleibt, stellte Sabi-ne Dittmar fest. Sie macht auch deutlich, dass alle Ärzte eine hervorragende Arbeit leisten und dafür auch entsprechend honoriert werden. Die Hausärzteverträge, nach Paragraph 73b, aus dem Jahre 2010, waren eine sehr gute Einrichtung, stellte MdL Sabine Dittmar klar. Wir müssen mit aller Macht versuchen, dass dieser Gesetzentwurf wieder voll zum Tragen kommt, forderte die Sprecherin.

Dr. Rolf Bollig, einer der Neusorger Hausärzte ging in seinem Wort die Situation in der Gemein-de Neusorg ein. Er machte klar, dass jeder vierte Hausarzt in Bayern älter als sechzig Jahre sei. Und diese Situation wird in Neusorg bestätigt, denn alle drei Hausärzte haben die 60- Jahresgrenze bereits überschritten. Zum Thema Hausärzteverträge gab Dr. Rolf Bollig ein Paradebei-spiel. Nach einer Studie aus dem Jahre 2006, müssten die Hausärzte, für die Wirtschaftlichkeit des Lebensraumes und Unterhaltung von Arztpraxen für einen Patienten zirka 80 Euro pro Quartal bekommen müsste. Derzeit pendelt sich diese Summe auf zirka 50 Euro ein. Mit diesem jetzigen Betrag kann ein junger Arzt weder neue Praxis, im ländlichen Raum eröffnen, geschweige eine Praxis übernehmen, brachte der Hausarzt zum Ausdruck.

Dr. Engelhardt Happel schlug in die gleiche Kerbe und machte ganz klar deutlich, dass für die Gemeinde Neusorg keine Nachfolger gefunden werden können, wenn sich die Kassenärztliche Vereinigung, Hausärzteverband und die Krankenkassen nicht einig werden. Einen Vergleich konnte sich Dr. Happel nicht „verkneifen“. Wenn man bedenkt, dass in unserem ländlichen Raum, auf eintausend Patienten, zirka vier Hausärzte praktizieren, behandeln in den Ballungszentren, um München und Starnberg, die gleiche Patientenzahl 37 Hausärzte. Und diese Zahlen sprechen für sich, so abschließend Dr. Engelhardt Happel.

Dr. Maria Luise Vogel, Vorstandsbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) pflichtete den Hausärzten bei. Die derzeitigen Verträge sind bei weiten nicht so gut, wie unser guter alter Hausarztvertrag, aber er sichert uns das Überleben ab, betonte die Vorstandsbeauftragte. Wir dürfen unsere Hände nicht in den Schoß legen, sondern wir Hausärzte müssen was bewegen. Wir haben Modelle und wir werden auch weitere Ideen entwickeln, um diesen Missstand aus dem Weg zu räumen, so die Sprecherin. Der Zulassungsausschuss wird sich bemühen, dass diese Notsituation schnellstens der Vergangenheit angehören wird. Aber eines muss uns klar sein, betonte Dr. Maria Luise Vogel, wir können die Arbeitsplätze der Hausärzte im ländlichen Raum, nicht so schnell ersetzen, wie wir möchten. Wir müssen gemeinsam gegen den Gesetz-geber vorgehen und einen lukrative Gesetzesvorschlag unterbreiten und dafür kämpfen wir, so Dr. Maria- Luise Vogel abschließend.

Dr. Hans Peter Hubmann, Vorsitzender des bayerischen Apothekenverbandes, stellte fest, dass der Strukturwandel auch die Apotheker erreicht habe. Die Schließungen von Apotheken nimmt rapide zu, machte Dr. Hans Peter Hubmann deutlich. Allein in Bayern wurden im Jahre 2011 Hundert Apotheken geschlossen. Vierzig Neueröffnungen stehen dieser Zahl gegenüber. Die Drogeriemärkte und die Versandapotheken machen natürlich einer Apotheke groß zu schaffen. Ich werde hier das Angebot und Nachfrage nicht in den Raum stellen, aber ein Drogeriemarkt oder eine Versandapotheke machen keinen Not- beziehungsweise Wochenenddienst, wetterte der Vorsitzende des bayerischen Apothekenverbandes. Eine Apotheke gehört, wie ein Hausarzt die Schule und die Kirche zu einem Ort. Und dafür wird sich der bayerische Apothekenverband einsetzen, den Worten von Dr. Hans Peter Hubmann zu Folge.

MdL Annette Karl und MdL Tobias Reiß waren sich einig, dass die Ärzte und Apotheker Hilfe brauchen. Wir als Vertreter des ländlichen Raumes müssen die Sicht der kleineren Gemeinden vertreten. MdL Tobias Reiß machte deutlich, dass die Ansiedlung von jungen Ärzten gefördert werden muss. Eine Kommune kann sicherlich Räumlichkeiten, für eine Arztpraxis, zur Verfügung stellen, aber dieses sind nur die Grundvoraussetzungen für eine Gründung. Für MdL Annette Karl stellte sich die Frage, warum der ländliche Raum so betroffen ist. Sicherlich können wir und die Ärzte nicht wie einen Kuchen backen, aber wir dürfen doch an den Bedarf der ärzt-lichen Versorgung in unserer Region nicht ausser Acht lassen. Hier ist das bayerische Landes-entwicklungsprogramm in der Verantwortung. Es kann nicht angehen, dass sich der Staat aus der Verantwortung, für die Planung dieser Gebiete heraushält, stellte Annette Karl fest. Mit dieser Veranstaltung hat der SPD- Ortsverein Neusorg, für unsere Region ein klares Zeichen gesetzt. Kämpfen wir gemeinsam, mit unseren Hausärzten, um eine gute ärztliche Versorgung, forderte die Landtagsabgeordnete alle auf.

In der anschließenden Diskussion, meldete sich Dr. Engelhardt Happel nochmals zu Wort. Es ist für uns Hausärzte – kurz vor Zwölf. Alle Politiker sagen, hier muss was unternommen wer-den, aber eine schnelle Entscheidung kommt nicht zu Stande, obwohl die Regierung schnell entscheiden kann. Denn im Jahre 2009 wurde darüber diskutiert, dass der Paragraph 73b, wegfallen muss und just ein Jahr darauf, wurde dieser Beschluss verabschiedet, stellte der Haus-arzt klar.

Dr. Jochen Geißler, der Hausarzt der Nachbargemeinde Ebnath, forderte die Politiker auf, dass endlich was passieren muss. Es ist doch keine Option, wenn ein junger Arzt mit 50 Euro pro Patient im Quartal, von den Krankenkassen abgespeist wird. Wie sollen diese Hausärzte das Personal bezahlen, fragte sich der Ebnather Hausarzt. Tief enttäuscht zeigte sich Dr. Jochen Geißler von seiner eigenen CSU- Partei. Im Jahre 2009 versprach der damalige Staatsminister für Umwelt und Gesundheit, Markus Söder in Bad Gögging, dass die Hausarztverträge Bestand halten. Ein Zeichen für mich, dass die Gesundheit im ländlichen Raum keine Rolle spielt, mach-te Dr. Geißler deutlich. Wir halten vielleicht noch ein Paar Jahre durch, aber deshalb hat eine Stunde für uns auch nur 60 Minuten.

Heidi Heinl wollte von der Versammlung wissen, ob es nicht möglich sei, dass in den Regionen, wo viele Hausärzte auf einen engen Raum praktizieren, die Ärzte abziehen kann und in den ländlichen Raum beordert.

Ortsvorsitzender Robert König bedankte sich bei allen Anwesenden für die harmonische Podi-umsdiskussion. Um dieses Thema nicht aus den Augen zu verlieren, hat der SPD- Ortsverein Neusorg eine Unterschriftenliste angefertigt und ausgelegt. Diese Listen werden wir als Petition an den bayerischen Landtag senden. Wir fordern die Staatsregierung auf, den Ärzten eine Zu-kunft auf dem Land und für Patienten zu geben. Der genaue form- und fristgerechte Wortlaut ist auf den Listen nachzulesen, brachte Robert König zum Ausdruck.

Bild von links:
MdL Tobias Reiß, Dr. Hans Peter Hubmann, Bürgermeister Peter König, Dr. Maria- Luise Vogel, MdL Sabine Dittmar und MdL Annette Karl.

 

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