SPD Unterbezirk

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Ehrenabend zum 100-jährigen

Veröffentlicht am 30.09.2019 in Ortsverein

Mit einem Ehrenabend feierte der SPD-Ortsverein sein 100-jähriges Bestehen. Eindrucksvoll zeigte der Landtagsabgeordnete a.D. Franz Schindler in seiner Festansprache die Geschichte der Sozialdemokratie auf. Josef Wallner konnte für 65-jährige Treue zur SPD ausgezeichnet werden.

Der SPD-Ortsverein kann dieses Jahr seinen 100. Geburtstag feiern. Grund genug für die Erbendorfer Sozialdemokraten, dieses Jubiläum mit einem großen Ehrenabend in der Stadthalle zu begehen.

Vorausgegangen war ein Gedenkgottesdienst für die verstorbenen Genossen in der katholischen Pfarrkirche mit Pfarrer Martin Besold. „Eine saubere Predigt“, stellte SPD-Ortsvorsitzende Brigitte beim Ehrenabend fest. „Vor allem gefiel mir die Verbindung von Lazarus mit sozialen Gedanken“. Sie dankte dem Pfarrer auch für die Fürbitten. „Ich hoffe, es hält an bis zur Kommunalwahl am 15. März nächsten Jahres.“ Scharf brachte auch noch ihre eigene Philosophie zum Gottesdienst vor: „Wenn es die SPD vor 2000 Jahren gegeben hätte, Jesus wäre ein Gründungsmitglied gewesen, davon bin ich überzeugt.“

Beim Totengedenken nannte stellvertretenden für die verstorbenen Mitglieder der letzten einhundert Jahre den früheren Ehrenvorsitzenden Hans Schäffler, der Ende letzten Jahres noch für 60-jährige Mitgliedschaft geehrt werden konnte.

Bevor Brigitte Scharf den Festredner ankündigte, gab sie zu, zu Beginn des Jahres mit einer 100-Jahrfeier gerungen zu haben. „Denn zum Jahresanfang war es nicht einfach, wenn man bedenkt, in welcher Stimmung die SPD damals war“, so die Ortsvorsitzende. „Es war schwierig, sich mit dem Gedanken anzuvertrauen, das Hundertjährige zu feiern.“ Sie habe sich mit der Geschichte des Ortsvereins befasst. „Da erwachte in mir langsam wieder der Stolz und ein gewisser Trotz und ich habe festgestellt, wir müssen feiern.“

„Welche Euphorie die Erbendorfer wohl gehabt haben müssen, kurz nach dem ersten Weltkrieg mit den großen Problemen und Nöten, eine Partei zu gründen, die deren Interessen vertritt“, stellte Scharf fest. „Wir dürfen nie vergessen, was dahinter gesteckt hat und auch heute gilt, die soziale Gerechtigkeit.“

Die Festansprache übernahm Landtagsabgeordneter a.D. Franz Schindler aus Schwandorf, ein Kenner der Geschichte der Sozialdemokratie. „Ist mir gerade bewusst geworden, dass der Ortsverein mit seinen 104 Mitgliedern gemessen an der Einwohnerzahl einen Organisationsgrad von zwei Prozent hat.“ Er rechnete hoch, dass die SPD in der Oberpfalz über 20 000 Mitglieder haben müsste. „Da haben wir nicht mal die Hälfte.“ In Bayern müssten es 200 000 sein, derzeit ein Viertel davon und auf Bundesebene zwei Millionen. „Da sieht man mal, wie stark die SPD in Erbendorf ist.“

„Heute habe ich etwas wackelige Knie, wenn ich die Festredner der vorangegangenen Jubiläen ansehe. Dazu zählten der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Herbert Wehner, Landrat Hans Schuierer sowie die Land SPD-Landesvorsitzenden Renate Schmidt und Florian Pronold. „Deshalb ist es für mich eine ganz besondere Ehre, vor ihnen zum 100. Geburtstag des SPD-Ortsvereins zu sprechen.“

„Als Gründungsdatum für den Ortsverein ist der 25. Januar 1919 nachgewiesen“, stellte Schindler fest. „Ich war nicht dabei auch, wenn man es mir nach dem Aussehen zutrauen könnte.“ Es sei eine aufgewühlte Zeit, ein Vierteljahr nach dem am 8. November 1918 Kurt Eisner den Freistaat Bayern ausrief. Er erinnerte an Eisners Worte „Jedes Menschenleben soll heilig sein.“

Vier Tage sei es vor der Gründung des Ortsvereins her gewesen, dass der erste bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner ermordet wurde. Der Landtagsabgeordnete a.D. hob hervor, dass der SPD-Ortsverein nicht von „Proleten“ gegründet wurde, sondern von einem Lehrer, einem Druckereibesitzer und einem Schustermeister. „Es waren keine Arbeiter, das war damals nicht ungewöhnlich.“

Die Geschichte des Ortsverbandes zeigte Schindler im Kontext mit der bayerischen und deutschen SPD-Geschichte auf. Er auf die Gründung des SPD-Landesverbandes im Jahre 1892 damals in Reinhausen bei Regensburg ein. „Auf Betreiben der katholischen Kirche wurde verhindert, dass der SPD in der Domstadt ein Veranstaltungssaal zur Verfügung gestellt wurde.“ Ein Ausweichquartier fand die SPD in Reinhausen, heute ein Stadtteil von Regensburg.

„Die SPD hat sich aber an der katholischen Kirche gerächt“, stellte Schindler augenzwinkernd fest. Dabei ging er auf Georg von Vollmar ein, der der erste Landesvorsitzende war. „Ich sage es deshalb, weil von Vollmar in seiner Jugend an der Seite des Papstes gegen die Aufständischen um Caribaldi gekämpft hat. „Das stinkt der CSU bis heute, dass die SPD einen Landesvorsitzenden hatte, der auf Seite des Papstes gekämpft hat“, so Schindler. „Die CSU hat so einen nicht.“

„Doch der Aufbau der Demokratie ist nach gut 14 Jahren wieder gescheitert“, stellte er fest. Mit der Machtergreifung Hitlers wurde die SPD verboten. „Gleichsam ist das aber ein Tag des großen Stolzes der SPD“. Er nannte den SPD-Reichstagsabgeordneten Otto Wels und den bayerischen Landtagsabgeordneten Albert Roßhaupter. „Sie waren aktive Gegner des Nationalsozialimus und lehnten die Ermächtigungsgesetze strikt ab.“

Großen Applaus fand übrigens Schindlers Idee, die damaligen Reden von Wels und Roßhaupter den Schülern heute vorzuführen.

Den Ermächtigungsgesetzen haben die Bayerische Volkspartei und andere Parteien zugestimmt. „Die SPD nicht“, stellte er stolz fest. „Deshalb sage ich heute, dieser Freistaat ist auch unser Land als Sozialdemokraten“, so der Festredner. „Denn lange vor der CSU haben ihn die Sozialdemokraten ausgerufen, haben ihm Form gegeben und die SPD waren die einzigen, die den Freistaat in seiner schwersten Not verteidigt haben“, betonte Schindler. „Darauf können wir stolz sein.“

„60 Millionen Tote, Deutschland und halb Europa vernichtet, da sagt einer, das wäre ein Vogelschiss in der Geschichte“, merkte er weiter an. „Und diese leute treten heute in Talk-Shows auf.“

„Die Frage ist zwar müßig, darf aber gestellt werden: Wieviel Leid wäre dem Land, Europa, ja der ganzen Welt erspart geblieben, wenn sich 1933 nicht nur die paar SPD´ler, sondern auch die Vorgängerparteien der Konservativen und Liberalen sowie die Reichswehr entgegengestellt hätten?“

Dass müsse man heute denen entgegenrufen, die sich gerne als „bürgerliche Parteien“ bezeichnen. Denn auch die Afd bezeichnet sich als bürgerlich. „Was sind denn dann wir?“ rief er in den Saal. „Wenn sich bürgerlich dadurch auszeichnet, dass sie zugestimmt haben, dann pfeif ich auf das bürgerliche.“

Im weiteren Verlauf seines Vortrags ging er auf den SPD-Politiker und ersten Ministerpräsidenten nach dem zweiten Weltkrieg Wilhelm Hoegner ein. Er erarbeitete in seinem Exil bereits die bayerische Verfassung aus. Schindler ging auch auf die Präambel der Verfassung ein, die seines Wissens nach von einem Pfarrer um Neunburg vorm Wald stamme, der der Bayerischen Volkspartei angehörte.

„Der Freistaat Bayern ist unser Land, nicht nur das Land der CSU“, stellte Schindler fest. Auf bundespolitischer Ebene bezeichnete er die Zeit unter Bundeskanzler Willy Brandt als die schönste der SPD.

„Manche meinen, dass diese SPD, nachdem sie jetzt mehr als 150 Jahre alt ist, schon wichtig war, jetzt aber in der modernen Zeit überflüssig geworden sei“, fuhr er fort. „Die SPD habe ihre großen Aufgaben erfüllt, aus Proleten Bürger gemacht, das Frauenwahlreicht eingeführt, soziale Gerechtigkeit geschaffen und den Kapitalismus gebändigt in einer sozialen Marktwirtschaft.“ Diese großen historischen Aufgaben, auch die Aussöhnung mit den Nachbarn in Europa hätte sie erfüllt. „Viele meinen, jetzt kann sie doch abtreten.“

Im Angesicht der derzeitigen Schwäche der SPD ist Schindler aber überzeugt, dass die SPD auch im 21. Jahrhundert gebraucht wird und eine gute Zukunft haben könne. „Denn es kommt auf die Freiheit und Würde des Einzelnen an und nicht auf den imaginären Volkswillen, wie er heute oft propagiert wird.“ Er stellte Hass und Hetze fest, machte aber deutlich, dass dies kein ausschließlich deutsches Problem sei. „Wir haben halt unsere Vergangenheit“, so Schindler.

„Wir sind heute die einzige Partei mit dem gleichen Namen und stehen auch bei allen Fehlern, die gemacht wurden, dennoch im entscheidenden Moment auf der richtigen Seite“, betonte er am Ende seiner Ansprache.

„Ein kühler Kopf braucht warme Füße.“ Mit diesen Worten dankte Scharf für die beeindruckende Rede und überreichte als Dankeschön an Schindler selbstgestrickte Socken und einen Geschenkkorb. Im Anschluss konnten die Besucher des Festabends die 100-jährige Geschichte des Ortsvereins noch in einem Videofilm erleben.

Grußworte und Ehrungen
„100 Jahre sind es Wert zu feiern“, stellte Bürgermeister Hans Donko fest. Immerhin sei die SPD die älteste Partei auch in Erbendorf. „Im Sinne der Demokratie ist dies auch gut und richtig.“ An der Erfolgsgeschichte der Stadt habe die SPD einen wesentlichen Anteil, stellte er fest. Der Bürgermeister hob die gute Gemeinschaft aller Fraktionen im Stadtrat heraus. „Mein Wunsch ist es, dass die SPD auch weiterhin mit Herz, Kraft und Mut für die Bürger eintritt.“

Landtagsabgeordnete Annette Karl stellte fest, dass die SPD heute ein Teil der Stadtgeschichte sei. „Nach starken Männern am Anfang stehen der SPD in den letzten Jahrzehnten starke Frauen vor.“ Kurz ging Karl auf die Arbeitswohlfahrt ein, die ebenfalls vor 100 Jahren gegründet wurde und die in der Steinwaldstadt gut etabliert sei.

Nicht zuletzt sprach der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Uli Roth. Er überbrachte die Grüße des Kreisverbandes und der Ortsverbände zum Jubiläum.

„Sie engagieren sich und unterstützen uns direkt an der Basis“, so Scharf. Mit diesen Worten konnten beim Ehrenabend langjährige Mitglieder auszeichnen werden. Die Urkunden überreichten Landtagsabgeordneter a.D. Franz Schindler, Landtagsabgeordnete Annette Karl und Bürgermeister Hans Donko.

Für 65-jährige Parteimitgliedschaft konnte Josef Wallner ausgezeichnet werden. 50 Jahre sind Ludwig Kellner, Pauline Menzl, Anton Sirtl und Herbert Stattnik bereits Mitglieder. Elfriede Bauer erhielt für 40 Jahre eine Urkunde.

Die Falkenberger Karpfenmusik, die den Festabend musikalisch umrahmte, intonierte zum Ende des offiziellen Teils das Lied „Brüder zur Sonne und Freiheit“ sowie die Bayern-Hymne. Zum Abschluss gab es eine deftige Kartoffelsuppe, die mit einem Vergleich, was SPD und Kartoffeln gemeinsam haben, von SPD-Ortsvorsitzender Brigitte Scharf angekündigt: „Beide gibt es fast schon immer, solange es sie gibt, gibt’s keine Not und sie gedeihen in den dunkelsten Ecken – Guten Appetit. “

 

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